Dienstag, 12. Januar 2016

#193

UND DU WIRST 21, 22, 23

und du kannst noch gar nicht wissen was du willst


Oft lese ich Texte anderer Blogger und Bloggerinnen und denke mir so bei mir: "Warum kann ich nicht so wunderbar schreiben?". Ist es mir wirklich so wichtig, wie gut ich schreibe? Nein eigentlich nicht, denn das sind meine Worte und die anderen sind die ihren. Mir war das Schreiben schon als Kind wichtig. Ich wollte immer Schriftstellerin werden. Für Kinder. Ich schrieb die tollkühnsten Geschichten. Witzige Geschichten. Voller Fantasie. Ich gebe oft meinem Lehrer in der höhrern Bildungsanstalt die Schuld für mein Versagen. Aber das wäre nicht fair. Das stimmt so nicht ganz. Ich begann nämlich irgendwann mit weniger Fantasie aber mit sehr viel Gefühl zu schreiben. Ich zeigte mich nackt in meinen Schularbeiten - natürlich nur im Sinne meiner Worte. Ich schrieb aus tiefsten Herzen. Diese Gefühle wurden bewertet. Mit einer Zwei oder einer Zwei Minus. Meine Sitznachbarin bekam ständig Einsen, obwohl sie in meinen Augen nur Mist schrieb und ihr die Texte nie so wichtig waren, wie mir. Ihr war nur die Zahl darunter wichtig. Ich wollte auch irgendwann diese Eins. Denn ich war ja gut im Schreiben oder? Also hab ich angefangen mich zu verbiegen und schrieb den schmierigen Mist, denn mein schmieriger Lehrer sehen wollte. Und siehe da - eine Eins. Oder auch nicht. Und so ging das weiter. Ich verbog mich in allem was ich tat. Aber halt nie so ganz. Ich war weder das Eine noch das Andere. Ich war Nicht Nichts und doch irgendwie unwichtig. Vergesslich und Vergessbar. Gibt es dieses Wort überhaupt? Ach egal. 
Komisch, welche Gedanken dir in den Sinn kommen, wenn du die Bar schließt und durch den Schnee nach Haus stapft. Mir hat es heute sehr zugesetzt, dass ich eine Bewerbung abgeschickt habe, obwohl ich das gar nicht wollte. Ich will mich auf mein Studium und auf meine Pferde konzentrieren. Aber der Staat will Geld von mir. Alle wollen Geld von mir. Und für Geld muss man manchmal seine Seele verkaufen. Ich muss Dinge tun. Ich muss mich verbiegen. Links. Rechst. Nur nicht zurück. Abwarten. Das sage ich mir. Meine Zeit wird kommen. Der Schwarzhaarige aus der Bar meinte, ich wäre mit 25 bestimmt verheiratet. Das will ich nicht. Der Spanier, den ich Vitor nenne, erzählt mir von glitzernden Schnee mit Wasser im Nachtlicht. Ich stelle mir das schön vor. Bei uns sind heute große dicke Schneeflocken vom Himmel gefallen. Und an dieser Ecke, wo ich jetzt stehe, hat sich der junge Vater von mir letztens verabschiedet. Ich lebe nicht schlecht, wieso rede ich mir dann ständig ein, dass es mir schlecht geht? Vielleicht geht es mir aber auch nicht gut und ich genieße diese wunderbaren positiven Gefühle jetzt umso mehr. Vielleicht bin ich aber auch nur glücklich, weil ich heute Karottennudeln gekocht habe. 
Und vorhin wusste ich noch so viel, was ich schreiben wollte, aber das liegt jetzt schon so weit fern. Ich habe es auf der Straße liegen lassen. Vielleicht nimmt jemand diese ganzen schönen Worte mit und erfreut sich daran. Sonst bleiben sie eben nur für mich alleine. Und ich gebe mir eine Eins darauf, weil sie mir gefallen. Nein - ich gebe mir keine Note, weil ich mich nicht benoten will.
Ich guck mir meine Fußabdrücke im Schnee an. Wisst ihr was? Es liegt gar kein Schnee, aber ich stelle mir vor er wäre da. Und der Spanier ist gar kein Spanier. Und Vitor heißt er eigentlich auch nicht. Und wer sich verbiegt, kann das auch alles wieder ausbiegen. Zurückbiegen. Irgendwann. 


2 Kommentare:

  1. Nanouk, dein Text hat mich tief berührt. Gänsehaut.

    AntwortenLöschen
  2. Okay, ich habe einiges "aufzuarbeiten", ich hoffe, es stört dich nicht, wenn du jetzt mehrer Benachrichtigungen hintereinander bekommst, aber ich bin immer so schlecht darin, was unter einem Post zu schreiben, auf den ich mich nicht beziehe. Also erstmal hierzu: Ich weiß, dass du wundervoll schreiben kannst. Ich weiß, dass du mir nicht glauben wirst oder kannst. Aber der Beweis steht irgendwo über diesem Kommentar. Ich glaube, wir Menschen verstellen uns ständig. Wollen gefallen, müssen auffallen, in der Menge der anderen, die dasselbe Ziel haben. Das Ziel anzukommen. Ich glaube aber, dass das nicht (nur) durch verstellen geht. Ich glaube, dass man, man selbst bleiben muss im Herzen, im Kopf, in der Seele, irgendwo. Ich glaube auch nicht, dass du dich ganz verloren hast, dich ganz verstellt hast. Denn irgendwo in dir ist immernoch der Traum Bücher zu schreiben, dein Studium durchzuziehen usw. Und ich glaube, es gibt irgendwann ein Ende, wo du sagen kannst: Seht her, vielleicht bin ich nicht der reichste, glücklichste und beliebteste Mensch der Welt, aber ich bin zu einem großen Teil ich selbst. Und dann kannst du zumindest einer der stolzesten Menschen der Welt sein.

    AntwortenLöschen