Donnerstag, 30. Oktober 2014

#149

MEINE HÄNDE SIND NICHT GUT GENUG FÜR DICH!

Meine Hände sind nicht gut genug für dich...

 

 

Dein Blick ist weich geworden. Liebevoll. Du schaust dabei mich an und musst lächeln. Ich sehe wieder deine zwei Schneidezähne zwischen den Lippen durchblitzen. Wie sehr ich diesen Blick mag, wenn du mich ansiehst. Auch wenn du betrunken bist. Du ziehst mich zu dir her und hältst mich fest, möchtest gar nicht mehr loslassen, sagst du. Doch ich löse mich von der Umarmung, weil ich heute Nacht nicht bei dir bin. Du bist ein bisschen betrunken und ich bekomme ein schlechtes Gewissen deswegen. Willst du mir etwas damit beweisen? Dass du deinem Alter noch nicht gerecht werden musst? So wie heute Abend, wir trafen uns mit deinen Freunden. Und es war nur ein Spiel, nur ein dummes Spiel in englischsicher Sprache und mit scheinbar bekannten Musik und Filmtiteln. Doch ich zog mein Team in diesem Spiel kläglich in den Abgrund. Das schwächste Glied. Ich schämte mich meiner Dummheit und mir wurde wieder mal bewusst, dass die Blonde doch eine viel bessere Begleiterin für dich gewesen wäre. Sie ist gebildet und klug und sie hat Ahnung von den Dingen, die geschehen sind, als ich noch nicht einmal geboren wurde. Ich fühle mich schlecht, ich kann dir nicht gerecht werden. Dir, du wundervoller Mensch, niemals das bieten, was du verdient hättest. Einfach, weil...ich bin wer ich bin. 
Ich löse mich von der Umarmung und sehe dich traurig an. Du lallst etwas. Ich werde das alles wieder kaputt schlagen, einfach weil ich mich schon wieder in mich selbst zurück ziehe. Ich weiß nicht, wieso und warum ich diese Gefühle momentan hege. Diesen Selbsthass und diese Verachtung. Letzte Woche war doch alles gut, sogar bestens? Und heute? Heute verliere ich und morgen auch. 
Ich will dich nicht damit belasten, vor allem weil du nicht nüchtern bist und dann reagierst du immer besonders sensibel, wenn du frische Narben an mir siehst, doch es tut verdammt weh, als ich dir den Gut-Nacht Kuss gebe. Ich kann heute Nacht nicht bei dir sein, weil ich dich schützen will, dich nicht runterziehen will, auch wenn ich es so sehr gebraucht hätte, deine Haut, deinen Atem und deinen Herzschlag zu spüren. 



 

Freitag, 17. Oktober 2014

#148

MAMA ANA ANABAK

Warum schlägt dein Herz so schnell?


 

Das Mädchen verabschiedet sich von ihrer Mutter, als sie sie flüstern hört. "Kannst du mich nicht mitnehmen?" Das Mädchen dreht sich herum und sieht ihre Mutter an. Sie sieht alt aus. Viel älter, als sie eigentlich ist. Sie sieht müde aus, aber wahrscheinlich lange nicht so müde, wie sie eigentlich ist. Sie sieht durch das Mädchen durch, obwohl sie sich als letzte Rettung an sie klammert. Es war immer ein Vorwurf ihrer Mutter, dass das Mädchen "anders" ist, doch letzten Endes, ist das der Grund, warum man sich an sie wendet. Sie, das vierte Kind von fünf. 
Das Mädchen versucht zu lächeln und zögert etwas mit der Antwort, als ihre Mutter sich auf die Stufen der Treppe setzte und mehr zu sich selbst, als zu ihrer Tochter sagt: "Ich kann nicht mehr. Ich kann hier nicht mehr bleiben" Das Herz des Mädchens setzt für einen Lebensmoment aus, bis sie begreift, dass ihre Mutter das Haus meinte und nicht das Leben, oder zumindest das so annehmen wollte. Die Mutter bricht in Tränen aus, und dem Mädchen bricht es das Herz, sie so zu sehen. Es tut so unglaublich weh, die Mutter so verzweifelt, so gebrochen, so völlig in sich aufgelöst zu sehen. Vom Leben zerbissen, sich selbst nicht kennend und doch so voller Liebe. Liebe, die sie nie zugeben oder zeigen konnte und trotzdem wusste das Mädchen, diese Liebe ist da und wird immer da sein. Doch wo ist der Rest ihrer Mutter? Wo ist das Lachen? Wo ist das Leben in ihr geblieben? Wo ist der Mensch in diesen Körper hin?
Das Mädchen möchte ihre Mutter in den Arm nehmen, doch diese Geste der Anteilnahme ist ihr fremd, sie kann sich nicht überwinden. Doch sie versucht zu reden, die richtigen Worte zu finden. Und als sie das Haus verlässt, bricht eine große Traurigkeit über sie herein. Doch neben diesem Gefühl der Traurigkeit, macht sich auch noch Wut in ihr breit. Wut auf ihre Geschwister, die sie das letzte Mal als Kind verspürte, wenn es wieder zu einem großen Streit gekommen war. Ein Streit, tausend Schreie und millionen von Gründen, weswegen man sich streiten kann. Ein Streit, tausend Schimpfwörter und millionen von blödsinnigen Gründen, einen anderen Menschen zu hassen. Einen Menschen, der das selbe Blut trägt, wie du selbst. Diese Wut auf die Geschwister des Mädchen, vor Jahren eingeschlummert und ruhend, war jetzt wieder aufgewacht. Sie sind schuld, dass ihre Mutter weint. Sie sind schuld, dass sie sich selbst schlecht fühlt. Sie sind schuld, dass das Mädchen immer so große Angst bekommt, wenn jemand ruckartig lauter spricht. Das Mädchen selbst trägt auch Schuld, doch nie im Leben würde sie ihre Mutter mit Absicht so verletzten wollen, wie sie es tun. 
Doch letztendendes, wird das Mädchen als Egoist abgestempelt. Was bleibt ist Angst. Noch nie hatte das Mädchen so große Angst um ihre Mutter, wie jetzt. 

Warum sagst du denn nichts mehr?
Wieso sind deine Augen leer?
Sag, bin ich schuld?
Es tut mir Leid...
 Verlass mich bitte nicht.




Dienstag, 7. Oktober 2014

#147

WHEN THIS LIFE'S OVER REMEMBER ME SOBER

At some point in time we were doing alright

 

 

"Und grundsätzlich ist es doch nur wichtig, was DU aus deinem Leben machst, was dir in deinem Leben Freude bereitet und wie du mit dem Schicksal umgehst. Ich bin jetzt so glücklich mit dem wer ich bin, auch wenn das ein anstrengender und langer Weg war." 
Ich sehe ihm zu, wie an seiner Zigarette zieht und ich nehme einen Schluck von meinem Wodka. Was bin ich froh, als ich in meinen Unterschlupf, meine Lieblingsbar erreichte und ich plötzlich seine Stimme hörte. Erfreut darüber, dass er mich sah, denn unsere Treffen waren immer vom Zufall bestimmt, wir verabredeten uns nie. Und heute war der Zufall auf meiner Seite. Ich habe keinen Namen für ihn. Das Konzert munterte mich auf, der Alkohol zog mich runter, aber er gab mir eigentlich den Tritt, Dinge sein zu lassen, die ich in dieser Nacht gebraucht hätte, um den Druck weniger werde zu lassen. Das tat er, ohne zu wissen wie und ohne, dass ich ihm erzählte hatte, welche Wut mir inne wohnte. Die Wut auf meine Schwester. Die Wut darüber, wie dumm sie doch ist, auch wenn sie mehr als zehn Jahre mehr als ich auf den Buckel hat. Die Wut über ihre törichte Art ein Stiegengeländer vor ihrem einjährigen Sohn zu wahren. Die Wut über ihre Worte, die sie heulend zu dem schreienden Kind sagte, als er die acht Stufen hinunterpolterte. Die Wut auf meine Schwester, dass sie so überfordert ist. Ich wollte sie anschreien, sie anbrüllen, warum sie auf niemanden von uns gehört hatte, wo jeder sie seit Monaten davor warnte. Doch kein Wort brachte ich über meine Lippen, zu niemanden. Und schlussendlich die Wut auf mich selbst, dass mich dieses Geräusch, dieser Schrei, diese Tatsache so mitnahm, dass ich Stunden danach noch zitterte und mir den Wodka reinkippen musste, um ruhiger zu werden. 
"Weinen kann man nicht einfach so, weinen muss man oft wieder erlernen. Doch wenn man dann weint, aus den richtigen Gründen, so ist das weniger ein weinen, als viel mehr ein befreien von Dingen, die einen belasten. Ich konnte lange nicht weinen, und es ging mir richtig mies dabei." - "Ich habe seit Wochen nicht weinen können, obwohl es mir recht gewesen wäre. Ich gräme stattdessen vor mich hin..." - "Dann kannst du es im Moment einfach nicht, bist nicht bereit dazu loszulassen, aber glaub mir, wenn es soweit ist, wird es sich gut anfühlen."
Wieso kann dieser Mensch mit diesen wenigen Worten mich so aufbauen? Und gestern erzählte ich endlich dem entschlossenen Spieler, wie es mir am Samstag ging. Er nahm mich in den Arm und drückte mich ganz fest an sich. Es fühlte sich so gut an. Es fühlte sich so richtig an. Es fühlte sich so endlich-angekommen an. Danke.


Donnerstag, 2. Oktober 2014

#146

YOU' RE GONNA BE THE ONE THAT SAVES ME

And after all you're my wonderwall

 


 

Ich spüre, dass meine Augen zu glitzern beginnen, doch ich wische den Glitzer nicht weg, sondern blinzle weiter in die sich verabschiedende Sonne, während du den Wodka holst. Meine Augen glitzern, weil ich an meine Mutter denke. Weil ich an meine Familie denke. Ich liebe meine Familie, egal wie ungeliebt ich mich manchmal fühle und wie sehr ich mich nach einem harmonischen Familienverhältnis sehne.
Du kommst zurück, drückst mir eine Glas in die Hand und einen zärtlichen Kuss auf den Mund. Mein Herz klopft. Du versteckst dich bei mir unter der roten Decke und wir stoßen an. Hier sitzen wir also. Schon seit zwei Stunden. Du erzählst so viel und ich hänge an deinen Lippen. Du erzählst davon, was dich an dem Verhältnis deiner Eltern stört und was du daran manchmal amüsant findest. Du erzählst davon, wie gern du Zeit mit deiner verstorbenen Oma verbracht hast. Du erzählst davon, wie das Schreiben der Diplomarbeit und die nachfolgende Jobsuche für dich war. Ich höre einfach nur zu, ich höre dir immer gerne zu und am liebsten wäre es mir, du würdest gar nicht mehr aufhören zu erzählen. Am liebsten würde ich jedes einzelne Wort notieren. Am liebsten wäre mir es, die Welt würde für uns jetzt einfach einfrieren. Der Sonnenuntergang, der Wodka, deine Stimme, wir. Am liebsten wäre mir es, ich wäre bei all diesen Erlebnissen dabei gewesen, hätte dich damals schon begleiten und unterstützen können. Doch vielleicht ist es besser so. Vielleicht hätten sich unsere Wege sonst irgendwann getrennt. Unsere Wege können sich immer noch trennen, jeden Tag besteht dieses Risiko. Mit diesem Risiko versuche ich zu leben, denn noch nie hat mir der Gedanken an einen Verlust so sehr Angst gemacht, als dieser dich zu verlieren. Wobei verlieren ein völlig falsches Verb dafür ist, ich würde dich ja nicht verlieren, du wärst ja immer noch da. Unsere Wege würden sich einfach trennen. Mein Weg von deinem, oder deiner von meinem, oder unser beider. Verlieren würde ich dich nur, wenn ich dich nicht mehr aufmerksam betrachten würde, wenn ich dir nicht mehr zuhören würde, wenn ich dich nicht mehr küssen würde, wenn ich unachtsam wäre, wenn ich so täte, als wärst du mir nicht wichtig. Doch dem ist nicht so. Jeden Tag will ich dir beweisen, wie wichtig du mir bist.
Wir rücken näher zusammen, die Kerzen sind mittlerweile erloschen, die Nacht ist über den Dächern eingebrochen und wir liegen uns in den Armen. 
Wie schön du gerade aussiehst. Und wie gerne würde ich dir jetzt sagen, dass du das Schönste bist, dass ich je gesehen habe. Wie gerne würde ich das Wort "lieben" über die Lippen bringen, doch noch traue ich mich nicht und meine Stimme, soll dieses wohltuende Schweigen nicht kaputt plärren. Was das Schönste in der Beziehung mit dir ist? Da gibt es so vieles, doch vor allem auch, dass ich mich bei dir sicher fühle. Du drängst nicht. Du fordert nie zu viel. Du förderst mich. Bei dir bekomme ich erstmals kein schlechtes Gewissen, wenn ich mir Zeit lasse, meine Gefühle einen Namen zu geben. Als wärst du stets das gewesen, was ich gesucht habe. 
Und wenn du mir sagst, dass noch kein Mädchen so überwältigende Gefühle in dir ausgelöst haben, so ehrt mich das. Doch wenn du dich korrigierst und mir sagst, dass noch keine Frau, solche Gefühle in dir hervorgerufen haben, wie ich, so überwältigt mich das. Wenn du dann noch mit deiner Hand nach meiner Hand greifst, neben mir hergehst und keine Antwort von mir erwartest, so könnte ich die ganze Welt umarmen. Aber ich umarme dich. Einfach nur dich. Weil ich einfach nur dich umarmen will. Jeden Tag. In jeden Moment. Auch jetzt.

And all the roads we have to walk are winding
And all the lights that lead us there are blinding
There are many things that I would like to say to you
But I don't know how