Donnerstag, 25. Februar 2016

#205

I'VE BEEN HERE SO LONG, I THINK THAT IT'S TIME TO MOVE

the winter's so cold, summer's over too soon


Ich weiß gar nicht, was mir mehr weh tut. Die Tatsache, dass du gegangen bist - für immer - oder zu sehen, wie der Schmerz meine geliebten Freunde übermannt. Wie sich ihr Körper unter dieser Trauer schüttelt und ihr Schluchzen die Stille der Nacht durchbricht. Die Sterne sind heute nicht zu sehen. 


Mittwoch, 24. Februar 2016

#204

OIS WOS BLEIBT IS' DIE ERINNERUNG

Und schön longsom wird da kloar, dass nix mehr is wias woar


Wir alle verstehen nicht, warum die Sonne heute abend so sehr strahlt, als würde sie sich freuen. Der Himmel reißt sich, als wolle er uns einladen. Aber vielleicht freust du dich dort oben, dass wir alle im Wohnzimmer deiner Eltern sitzen und reden. Uns Zeit nehmen. Niemand hat heute Abend noch was vor. Und so ist es für jeden von uns selbstverständlich, als es schon dunkel geworden war, dass wir, nachdem wir uns unter Tränen verabschiedet haben, noch zu einem von uns Fahren und uns auf ein Sofa quetschen. Da sind wir noch. An die zwanzig Freunde von dir. Jeder von uns hat dich in bester Erinnerung. Jeder von uns hat Tränen in den Augen. Wir quetschen uns nicht aneinander, wir suchen die Nähe voneinander. Und zusammen sehen wir uns an die 300 Fotos an. Auf jedem bist du. Immer in deinem besten Element. Nämlich du selbst. Du hast keinen Fick auf das gegeben, was andere von dir denken. Du hast gelebt. Du hast geliebt. Du hast getanzt. Du hast das gesagt, was in deinem Kopf vorging und trotzdem noch so viele Geheimnisse gehabt. Ich liebe dich für das was du warst und immer sein wirst. 
Zusammen lachen wir über die verrückten Dinge, die du gemacht hast. Du hast Hüte geklaut, getrunken bis zum Morgen und vor allem mit uns gefeiert. Du hast uns gesagt, wir sollen uns nicht immer so den Kopf zerbrechen, sondern das Jungsein genießen. Du warst einer dieser Menschen, die im Leben nicht auch nur einmal einen bösen Gedanken hatten. Du warst ein Mensch, der so viele Menschen um so viel reicher gemacht hat, wenn du anwesend warst. Hört man, dass ich dich vermisse?
Wir sitzen da, trinken und lachen. Doch zwischen dem Lachen werden wir immer wieder stumm und irgendjemand bricht in Tränen aus. Dieses beschissene Leben ist einfach nicht fair. Du hättest das genauso gesehen, aber du hättest uns einen Shot gereicht und gesagt, dass wir jetzt darauf trinken und deswegen die Welt nicht untergehen wird. 
Ich sehe mich in de Runde um. Da sind Menschen, die ich so sehr liebe und die ich nicht verlieren möchte. Du bist ein Teil davon. Ich sollte vielmehr Zeit mit ihnen verbringen. Ich will viel mehr Zeit mit ihnen verbringen. Und falls das hier irgendjemand lesen sollte: Hör auf dir ständig den Kopf darüber zu zerbrechen, was in dich aus der Vergangenheit kaputt macht. Es gibt so viele Menschen da draußen, die dich lieben möchten oder bereits lieben, für das was du bist. Warum deine Zeit damit verschwenden zuhause zu sitzen und Trübsal zu blasen, wenn du diesen Trübsal mit deinen Freunden wegpusten kannst. Jeder Schmerz, jede Trauer, jeder noch so große Schwere wirkt nach einer Stunde mit deinen liebsten Menschen so viel kleiner. Und hört doch auf zu jammern, dass man keine Freunde finden kann. Das ist purer Bullshit. Es gibt so viele Menschen auf dieser Erde, in deiner Stadt. Warum solltest genau du keinen unter ihnen finden können, der dir nahe stehen kann? Gib ihnen diese Chance. Da sind Menschen, die auf die warten. Hab keine Scheu mehr vor Kameras. Irgendwann kommt der Moment, wo du bereust, dass du von einem geliebten Menschen nur zwei Fotos hast, wo ihr gemeinsam lacht. Gib keinen Fick mehr darauf was irgend ein möglicher Sexualpartner von dir halten könnte. Du musst so sein, wie du bist um das pure Glück der Freundschaft zu erfahren. Und ob das optimistisch, trinkfest, depressiv, zynisch oder verbittert ist, ist diesen Menschen egal. Weißt du, Freunde lieben dich. Egal wann, wieso, und wo. Sie sind für dich da. Und manchmal sind sie da, obwohl wir sie nicht wahrhaben wollen. Wir sollten dieses Glück annehmen. Es zumindest versuchen. Wir brauchen einander. Besonders in schweren Zeiten - aber auch in den besonders glücklichen. 
Und weißt du was? Ich vermisse diese Freundin. Sehr sogar. Und auch wenn ich Andreas Gabalier hasse, so weiß ich doch ganz genau: "Amoi seng ma uns wieder!"


Montag, 22. Februar 2016

#203

IF WE SUDDENLY FALL SHOULD I SCREAM OUT

or keep very quiet and cling to


Das Mädchen öffnet die Tür. Sie hat sich eben noch einen einen unordentlichen Zopf zusammengebunden und einen Pulli übergezogen. Das Krümelmonster auf ihrem Pulli und sie stehen draußen in der frischen Luft mit einem breiten Grinsen. Eigentlich ist sie im Stress - aber hey, für ihre besten Freunde hatte sie alle Zeit der Welt. Als sie in das Gesicht der beiden jungen Männer sieht, wusste sie sofort, dass etwas nicht stimmen konnte. Aber es war Sonntag Mittag. Vielleicht sind sie einfach noch nicht nüchtern. "Was ist gibts?", fragt sie in ihrem bekannten tanzenden Ton. Sie liebt ihre Freunde - wirklich. "Nanouk, setzt dich.", sagt der Jüngere der beiden trocken. Ihr Blick fragend. "Bitte setz dich hin." wiederholte nun auch Erdbeeremarmelade eindringlich. Er sieht aus, als hätte er eine Woche nichts geschlafen und drei Tage durchgeheult. Die Seele des Mädchens zieht sich zusammen. Sie lässt die Haustüre hinter sich ins Schloss fallen und setzt sich auf die kleine Bank, die vor dem Haus ihrer Eltern steht. Was dann kommen sollte, war so weit fern, dass kein grammatikalisch richtiger Satz der Welt es beschreiben vermag. "Ihr verarscht mich.", wiederholt sie wieder, diesesmal leiser. "Sagt mir bitte, dass ihr mich verarscht!"
Die beiden Jungs sehen sie einfach nur stumm an. Ihr Blick ist leer. Noch nie waren die Augen der beiden so leer. "Nein, es ist wahr - leider. Sie hat es nicht geschafft. Sie ist tot." Noch nie waren Worte so hart wie Ziegelsteine. Ihr Blick formt ein 'Warum' und ringt nach Hilfe. Ihre Stimme vertrocknet. Nichts. Da ist nichts mehr, was sie fühlt. Sie kann nicht weinen. Sie kann nicht schreien. Sie kann nicht fluchen. Sich kann nicht trauern. Da ist...nichts. Die beiden Jungs nehmen sie in den Arm. Die beiden Jungs nehmen sie mit zum nächsten Haus. Das was hier passiert ist kein Kinderkram. Das was hier passiert, ist scheisse. Es ist richtig große Scheisse. 


Samstag, 13. Februar 2016

#202

HELP ME PRETEND

that I am your sin



Pullover. Socken. Bettdecke. Tee. Und trotzdem friere ich noch immer. Mein Körper ist am Beben. Er schüttelt sich so stark, dass mir schlecht wird. Ich möchte mich ankotzen. Oder zumindest wünsche ich mir, dass es endlich wieder wärmer wird. Auf dem Weg der Besserung gibt es so viele Hürden zu meistern. Da wärst du zum Beispiel. Ich war mir sicher, dass ich dich niewieder sehen müsste. Niewieder was von dir hören müsste. Ich wog mich in Sicherheit vor dir. Und dann begegnest du mir in den letzten drei Tagen zweimal. Plötzlich ist alles wieder beim Alten. Ich bin wieder gefallen. Richtig schön auf die Schnauze.
Aus reiner Langeweile habe ich die bekannte Datingapp wieder auf meinem Smartphone installiert. Und genauso gelangweilt habe ich Profilfotos nach links oder recht gewischt. Im Hintergrund streiten sich Eric Cartman und Kyle. Neben mir liegt meine Katze und schläft. Dann versinkt plötzlich alles im Erdboden, als dein Foto auftaucht. "Was zur Hölle?", höre ich mich fluchen und betrete ohne Nachzudenken dein Profil. "Der Grazer - zuletzt online vor einer Stunde" Nach rechts wischen. Wo bleibt die Vernunft? "Glückwünsch. Es ist ein Match." Sprachlosigkeit. Kälte. Ohnmacht. Verwirrung. Warum tust du das? Warum tu ich das? 



Freitag, 12. Februar 2016

#201

UND DU ERZÄHLST MIR, WIE GLÜCKLICH DU BIST

da freue ich mich ja mal so richtig für dich


Es ist so verdammt heiß hier drin. Das Mädchen schwitzt am ganzen Körper. Alle Menschen hier drin schwitzen, wie in einer Sauna und das Mädchen ist sich gar nicht sicher, ob der Schweiß an ihrem Körper der eigene ist oder das meiste schon von den anderen tanznden Menschen um sie rum. Auch wenns eklig ist, ist sie gerade glücklich. Ihre Freundin hat sie nach dem letzten Lied aus den Augen verloren, weil alle Menschen mehr oder weniger über sich hergefallen sind. Lachende Gesichter. Felix auf der Bühne erzählt wieder irgendwas. Der Junge neben ihr nutzt diese Pause und will sich die Schuhe zubinden. Das Mädchen gibt ihm Platz und Schutz, sie passt auf, dass niemand auf ihn drauffällt. Er steht wieder auf und will sich anscheinend bedanken, als sie sich erkennen. Ein Moment der Sprachlosigkeit, ehe sie von der tanzenden Menge wieder auseinandergerissen werden.

 
 Ok, dann schreib ich dir die Nachricht. Ich versuche mich kurz zu halten - ist wohl besser. Es hat heute ziemlich sehr weh getan dich zu sehen, vor allem mit ihr. Versteh mich bitte nicht falsch: Ich mag dich, darum freue ich mich für dich. Ihr passt zusammen - scheinbar - und ich wünsche dir, dass sie das große Los ist für dich.
Aber ich will auch das große Los - irgendwann. Und das finde ich nicht, wenn ich jeden verdammten Tag an dich denken muss. Ich will nicht, dass wir uns wiedersehen oder uns wiederhören oder wiederanunsdenken. Ich will endlich loskommen von dir. Ich mag dich...immernoch...zu sehr. 
Das muss einfürallemal aufhören.
Darum: D. alias Sam - ich wünsche dir für deine Zukunft und für dein Leben bis du 131 wirst alles Gute, was einem Menschen passieren kann. Gesundheit, Gscheidheit, gute Räusche, frohe Weihnachten, einen guten Rutsch für die kommenden Jahre, einen Haufen Kinder und alles Gute zu deinen kommenden Geburtstagen.
Der Brief ist doch wieder zu lange. Lange Rede - kurzer Sinn. Lebewohl...
das Mädchen (Sus')

An der Bar sprichst er sie dann plötzlich an. Kurz zögert sie. Die Vernunft sagt nein, das Herz eigentlich auch, aber das Bier und seine Augen habe es betäubt und irgendwie ist heute etwas anders. Wenig später merkt sie es. Er ist betrunken. Später gehen sie gemeinsam zum Bus, als er sie plötzlich festhält und von den anderen Mädchen wegziegt. Er sieht sie an und sagt: "Ich will reden. Über uns." Das Herz des Mädchen hämmert, aber irgendwie war heute etwas anders. Sie konnte darüber lachen. Über ihren Schmerz. Über ihre Enttäuschung. Über ihre Fehler. Er will mit ihr "'nur' befreundet sein, doch ihr Selbstschutz ist stärker. Sie will nicht mehr. Sie will sich nicht mehr selbst weh tun. Sie will frei sein. Sie will endlich frei sein. Frei von ihm. Frei von anderen Menschen. Frei von Schuld. Frei von Liebe. Sie will nur noch sie selbst sein und bereit sein, wenn der Mensch, der sie ergänzt ihren Weg kreuzt. Er fragt wieder nach dem Warum. Das Mädchen ist schon ein bisschen genervt, liegt aber wahrscheinlich daran, dass sie durch den Alkohol zu viel erzählt, zu viel von sich preis gibt. Wieder fängt er an und hält sie dabei an der Schulter fest: "Ich glaube nicht an Schicksal. Sieh doch: wir haben uns an einem Kraftklub-Konzert kennen gelernt und jetzt wo wir nichts mehr von uns wissen wollten, sehen wir uns wieder...auf einem Kraftklub Konzert." Das Mädchen ist sich nicht sicher, was er damit meint. Er ist glücklich. Er hat eine Freundin. Er will trotzdem den Kontakt zu ihr. Verbittert sieht sie an ihm vorbei, bevor sie dann zitiert: "Und du erzählst mir, wir glücklich du bist. Da freue ich mich ja mal so richtig für dich!" Der betrunkene Blick wird traurig. "Mein Leben ist ein Arschloch.", flüstert der Grazer und lässt meine Schulter los...


Freitag, 5. Februar 2016

#200

WAR DAS NICHT DER BESTE TAG MEINES LEBENS?

Jeder Tag ist der bese Tag eines Lebens.



Ich falle versehentlich gegen dich, weil mich zwei Mädchen geschubst haben, während sie sich durch die Masse zwängen. Dein Arm berührt meinen Arm. Ein Blitz durchzuckt meinen Körper. Ist es ein Blitz? War es nicht viel mehr ein Sprung meines Herzens, das versucht hat meinem Geist zu entrinnen und deinen zu erreichen. Sehnt sich mein Herz, mein Kopf oder meine Hormone nach deinen Lippen? Egal was es ist, es macht mich zu einem Teenager, der sich noch nicht einmal mehr auf diese wundervolle Musik da vorne auf der Bühne konzentrieren kann. Der Wein schafft es fast nicht in den Bauch, weil der Druck von innen so groß wird. Ja, ich habe Herzklopfen, meine Hände werden schwitzig und zupfen nervös an meiner viel zu großen Weste rum und ich fühle mich angenehm unwohl in deiner Nähe. Ich habe noch keinen Namen für dich, weil deine Zeit hier noch keine Dauer zählen kann und vielleicht auch gar nicht von Dauer ist. Ich fühle nur. Und dieses Fühlen fühlt sich verdammt gut an.
Es geht doch gar nicht darum, dass ich mir sicher bin, dass du diese Gefühle auf diese Art und Weise nicht erwidern wirst. Es geht auch nicht darum, dass die Zerstörung, die du inmir zurücklassen wirst, mich traurig machen wird. Es geht auch nicht darum, dass ich nicht den Mut aufbringe einen Schritt auf dich zu zu machen und mir gleichzeitig wie ein kleines nerviges Kind vorkomme. Es geht darum, dass ich fühle. Dass ich glücklich bin über dieses Bauchkribbeln. Ich fliege irgendwie. Und irgendwie auch nicht.
Ich sehne mich. Ich sehne mich nach Lust. Nach Haut. Nach Händchen halten. Nach in die Augen sehen. Nach in die Leiste piksen. Ich sehne mich danach dich beim Zähne putzen von hinten zu umarmen und mit meinen Küssen deine Nackenwirbel nachzuzeichnen – obwohl ich deinen Rücken gar nicht kenne. Nicht weiß, wie sich deine Haut anfühlt. Dieses Sehnen tut auch gar nicht weh. Vielleicht ein bisschen, aber ich kann damit leben. Ich habe nicht das Gefühl, diese Nähe zu brauchen um meinen Schmerz zu lindern. Viel mehr fühlt es sich danach an, dass ich mir Nähe der Nähe wegen wünsche. Nicht zwingend haben zu müssen – sondern es begrüßend, wenn du es wärst. Nicht mehr vögeln um sich schlecht zu fühlen – sondern mit dir schlafen, das Sinn ergibt. Nicht mehr schmusen – sondern küssen.
Selbst wenn diese Gefühle sich in einem Nichts verirren, muss dieses Nichts irgendwo und irgendwas sein. Und dieses Gefühl ist wie ein Streichholz in der Dunkelheit. Es tut mir gut. Ich kann mit so vielem abschließen. Ich kann so vieles aufhören. Ich kann so viel klarer sehen. Du gibst mir ein gutes Gefühl. Und selbst wenn es bei diesen zwei schüchternen Treffen blieb, so hast du mir doch gezeigt, dass ich noch fühlen kann – oder wieder fühlen kann. Und das ist schön. Ich werde irgendwann wieder Nähe annehmen können. Ehrlich lieben können – meine Freunde, einen Partner. Ich werde irgendwann ein guter Mensch sein können. Dazu braucht es diese Funken an Glück, den man annehmen kann. Egal wie es endet. Egal was dein Kopf sagt. Solange du merkst, dass es deinem Herzen gut tut.

Und wenn wir schon mal so einen langen Text – begleitet von drei Gläsern Wein – reinwerfen, merke ich an, dass das mein 200er Post ist. Ich danke all jenen, die hier ständig oder auch nur kurz mitlesenund hoffe, dass für manch einen irgendetwas Produktives dabei war. Aber Schlussendlich ist das noch mein persönliches Tagebuch - und wahrscheinlich lese ich es öfter, als ich es lebe.