Sonntag, 13. April 2014

#127

TAG FÜR TAG SCHLAG ICH DIESEN RYTHMUS

zweiunddreißig Grad mein Herz kalt und federleicht



Heute war die Taufe meines Neffen. Der Vater des Kindes und dessen Eltern waren nicht erschienen. Heute war die Taufe meines Neffen. Die Tante des Kindes und dessen zweijährige Tochter waren nicht erschienen. Heute war die Taufe meines Neffen. Die Tante des Kindes, die vier Jahre jünger ist als ich, ist nicht erschienen.
Der Pfarrer ist entsetzt und tauscht besorgte Worte mit der Mutter des kleinen Jungen aus. Ich merke, wie sie schluckt und schluckt. Auch wenn sie eine Furie ist und mir das Leben sehr schwer macht, so habe ich dennoch Mitleid. Unsere Familie ist kaputt, auch wenn es nie einen Anlass zum kaputt-sein gab. Die grauen Wolken am Himmel untermalen perfekt die drückende Stimmung unter uns. 
Ich merke, wie ich die Situation wieder versuche in die Hand zu nehmen. Ich teile meine Mutter, meine andere Schwester und dessen Freund ein, etwas zu lesen. Ich hole sie her, um mit mir zu vorzulesen, mache Fotos und reiße Witze.
Und in diesen Moment beschließe ich, mich zu verschließen. Ich muss stark sein. Ich darf nicht nachtragend sein. Ich muss weitermachen, weil sonst alles kaputt gehen würde. Ich halte mich immernoch fest an dieser Illusion des perfekten Familienbildes. Aber dafür muss ich meine Gefühle abstellen und das habe ich jetzt gemacht. Aus.
Ich nehme meinen Neffen auf den Arm, er lacht und quieckt freudig auf, als ich ihn an mich drücke. Er weiß noch nicht was auf ihn zukommt. Und bei diesem Gedanken wird mir kalt.

MAL FÜR MAL WEIL ICH EINFACH MITMUSS
unaussprechlich hart mein Herz kalt und federleicht

Mittwoch, 9. April 2014

#126

THAT'S HOW THEY TEACH ME TO EXPECT THE WORST 

all thoughts and words I've cursed I know

 

Null Disziplin. Sie sagen mir wie fett und hässlich ich bin, aber keiner will mir helfen das zu ändern. Also muss ich mir wieder selber helfen. In den letzten drei Wochen wieder vier Kilo zugenommen, wo ich doch zwei Monate gebraucht hatte, diese vier Kilo abzunehmen.
Ich muss noch strenger mit mir werden, ich muss endlich perfekt werden. Ich muss pingelig werden und den Zwang es richtig machen zu müssen verspüren. Ich kann mich nicht immer auf meine miese Erziehung rausreden, dass ich immer nur das notwendigste vom notwendigsten mache. 
Eine SMS vom entschlossenen Spieler. Ich darf mich erst wieder bei ihm melden, wenn ich wieder 54kg habe. Das sind meine Gedanken. Das habe ich mir vorgenommen "Tja, dann wirst du ihn wahrscheinlich niewieder sehen!" Clive lacht. Ja Clive ist wieder da. Der perfekte Clive, der alles kann und immer perfekt aussieht. Er hat keine Pickel, kein Gramm zu viel, niemand der ihn auslacht. Er ist perfekt. Einfach so. Neben ihm fühle ich mich gleich noch viel hässlicher. Ich will mindestens genauso perfekt aussehen wie er. Also muss ich wieder mein Essen kontrollieren und jeden Tag Sport machen. Im Urlaub, den ich ab Sonntag habe, werde ich dann auch noch mein ganzes Zimmer umkrempeltn. Es ist Zeit etwas zu ändern und trotzdem hängst du immer in meinen Gedanken fest.


PS.: Vielleicht mag ja jemand mit mir mitmachen? Ich würde gerne mal diese Twin-Sache ausprobieren. Ich hab Kik und WhatsApp ;) 


Montag, 7. April 2014

#125

I JUST DON'T KNOW WHAT TO DO

I'm too afraid to love you





Etwas hält mich fest im Griff. An meinem Rücken spüre ich etwas gerades, gegen das ich mich fest stemmen könnte und an meiner Brust spüre ich Bewegung. Etwas schlingt sich um meinem Oberkörper und zieht mich zusammen. Ein leises Pochen dringt von außen auf mich ein. POCH - POCH - POCH. Doch es beruhigt mich. Es dringt in mich ein, aber es hämmert nicht auf mich ein. 

Das Mädchen warf einen Blick in den Spiegel. Sie ist nicht ganz unzufrieden. Ihre Haare hatte sie zu einem hohen Ponyschwanz gebunden und nur eine größere rote Strähne umrahmte ihr Gesicht. Sie war geschminkt, doch so dezent, dass es ausschließlich ihr Gesicht betonte und nicht untermalte. Sie trug einen grau-schwarzen Rollkragen Pullover, dazu eine silberne Kette und silbern-schwarze Ohrringe. Sie lächelte. Ja, sie wusste was ihm gefiel.

Ich blinzelte. Der Raum ist dunkel, von außen dringt etwas Licht der Nacht in das Zimmer, aber es nicht viel. Gerade so viel, dass ich ihn betrachten kann. Er ist wunderschön. Er sieht nicht aus, wie zweiundvierzieg, eher wie dreißig, aber vielleicht rede ich mir das auch nur ein. 

Der entschlossene Spieler hing schief auf dem Sofa. Sein Freund war eben zur Toilette und er warf dem Mädchen einen nichtssagenden Blick zu. "Du siehst müde aus, soll ich nach Hause fahren?", fragte das Mädchen dann und hörte auf mit dem Schaukelstuhl zu wippen. "DU sollst nicht nach Hause fahren!", meinte er dann seufzend und sah ihr dabei direkt ins Gesicht. Er wippte sie wieder mit einem Fuß an und wartete darauf, dass sein Freund endlich nach Hause fahren würde.

Jetzt erst merke ich, dass ich aufgewacht bin, weil mir kalt ist. Gänsehaut auf meinem rechten Arm und meinem halben Rücken, die sich frei gelegt haben. Ich zittere und davon ist auch der entschlossene Spieler kurz wach geworden. Er nuschelt irgendetwas unverständliches vor sich hin, zieht und zerrt an der Decke und schließt mich wieder darin ein. Gleichzeitig legt er seinen Arm um mich und zieht mich wieder weiter zu sich ran. Ich kann wieder sein Herz schlagen hören, vergrabe mein Gesicht in seinem Nacken. Er riecht...er riecht nach dem entschlossenen Spieler, einfach wunderbar. 

Sie hatte ihn eine halbe Stunde lang am Rücken massiert. Zuerst noch hatte er sein T-Shirt an, sie traute sich nicht seine nackte Haut zu berühren, auch wenn er sie darum bat. Erst nach einer längeren Bedenkzeit, zog sie den weißen Stoff zurück und massierte ihn direkt am Rücken. Es fühlte sich gut an, oder zumindest besser, als sie es erwartet hatte. Der entschlossene Spieler richtete sich auf und sah sie direkt an. Er streichelte sie am Arm und an der Schulter. Sie redeten. Über das Mädchen und über ihn. Darüber warum es dem Mädchen unangehm ist, Nähe zu zeigen und warum sie immernoch verlegen wurde, wenn es darum ging, sich zu küssen.

Er küsst mich an meinem Kopf. Er ist zufrieden, das weiß ich, auch wenn er nicht das bekommen hatte, was er eigentlich wollte. Doch das reicht. Das reicht ihm und das reicht mir auf völlig. 

Nur Minuten später lagen sich die beiden in den Armen. Es trennten sie zwanzig Jahre und verschiedenste Beziehungen und doch standen sie sich gerade so nahe. Sie küssten sich innig und dann wurde er wieder energischer. Er zog das Mädchen zu sich her, streichelte sie am Rücken und küsste ihren Nacken. Sie genoss es, und trotzdem blieb da diese Anspannung in ihrem Körper. Sie wusste zu jeder Sekunde wo der Rothaarige seine Hände hatte und sie beobachtete ihn, war in Gedanken versunken und konnte sich einfach nicht fallen lassen. Er küsste ihre Brust und sie schloss dabei die Augen. Sie wusste, wann sie Stopp sagen würde und sie wusste, dass er das einsehen würde. Und dann würden sie nebeneinander einfach einschlafen.

Ich lege meine Arm auf seine Brust. Ich will fühlen, wie sie sich hebt und senkt. Vom Nebenraum singen die Black Keys uns ein Lied und dazu flüstert der entschlossene Spieler mir ein Kompliment ins Ohr. Seine Stimme ist sehr leise und streichelt dabei meine Schulter. Ich schnurre kurz und tief. Ich kann spüren, wie er lächelt. Er mag es, wenn ich schnurre wie eine Katze. Ich mag es, wenn er mich mag. Und doch, ich bin nicht verliebt in ihn. Das ist etwas ganz anderes. Aber es fühlt sich gut an.
_________SMS_________
Hi, hoffe du bist gut heimgekommen und dass du heute allen lästigen Fragen-Antwort/Ausrede-/Lüge-Spielchen überstehst. War schön mit dir gestern! 
Grüße - der entschlossene Spieler.
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Samstag, 5. April 2014

#124

WIEDER NACHT KANN ES SEIN LEISE DIE BEHARRLICHKEIT

Blicke bieder kalt und fein lügt meine Wirklichkeit


Der entschlossene Spieler und ich sitzen am Dach der Fabrik. Wir waren aus dem Fenster geklettert. Das Frühstück schmeckte hier herrlich, obwohl es bereits Mittag war. Die Wärme tat uns gut, obwohl sich die Sonne nur spärlich blicken ließ. Wir waren hellwach, obwohl keiner von uns beiden geschlafen hatte. Wie gerne wäre ich die ganze Nacht neben dir im Büro wach geblieben, als mit Schmerzen neben dem Grazer zu liegen.
Gestern Nacht, nein gestern der ganze Tag war wieder mal nicht so, wie ich es gerne wollte. Aber eigentlich wundert es mich nicht - mein Geburtstag ist immmer ein Scheisstag. Ich bin froh, dass er für dieses Jahr wieder vorbei ist. 
"Komm wir gehen!", sagte er dann plötzlich und stand wieder auf. Ich sah ihn nicht an. Es könnte jetzt regnen, stürmen, schneien oder wahnsinnig heiß sein, ich würde hier mit dir sitzen wollen, so lange wies geht. Ich will nicht nach Hause, bitte lass mich nicht Hause gehen. Ich will da nicht hin.