Dienstag, 27. Oktober 2015

#184

HAB'VERSUCHT MICH ZU ÄNDERN, MIT ALLEDEM WAS GING

Nach den ersten Erfolgen fiel ich wieder hin


Ich sitze in der Küche und esse eine Kleinigkeit. Ja, die dicke Hure frisst schon wieder. Der Freund meiner Mitbewohnerin packt Gemüse aus, setzt sich zu mir und beginnt sich für das Kochen vorzubereiten. Sie ist noch nicht da, darum unterhält er sich mit mir. Wir landen im Gespräch bei letzte Woche, als ich mit einem jungen Mann um halb sieben Morgens in der Küche Nudelsuppe aß und Bier trank. Später, oder eher früher, landeten wir noch im Bett und hatten unseren Spaß. Oder zumindest seinen Spaß. Ich tat das, was ich meistens tat.
Zurück zu heute. Der Junge sitzt da, legt kurz seine Karotten weg und sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ich frage mich, warum er die Karotte weglegt, nicht aber das Messer. "Nimmst du das generell so 'locker'? Ganz ohne Rücksicht und Verantwortung?" Er hat das nicht so gemeint, aber die Worte treffen mich hart. Ich versuche mir nichts anmerken zu lassen, erkläre meinen Standpunkt, den ich eben festgelegt habe. Er erzählt mir, wie er das sieht und ich merke, dass er mich nicht verstehen kann, denn es gibt keinen vernünftigen Grund für mein Verhalten und es gibt keine Rechtfertigung für mein Tun. Er hat ganz einfach recht. Aber er ist auch glücklich. Er hat sein Leben nie in Frage gestellt, oder zumindest eine Antwort darauf gefunden. Ich...ich bin nicht glücklich. Ich fühle immer weniger. Bin taub. Ich beende das Gespräch genauso gefühlslos, wie ich letzte Woche Sex hatte. "Es gibt dafür unter anderem auch persönliche Gründe, dich ich jetzt mit dir nicht besprechen werde." Er akzeptiert meine Antwort und wendet sich wieder seinen Karotten zu. Doch erwachsen. 
Vielleicht versteht ihr das wirklich nicht. Ein Mensch handelt nicht grundlos - vor allem wenn der Grund fehlt. Ich mache Dinge, weil ich mein Leben nicht ertrage und versuche irgendwie dafür einen Ausdruck zu finden. Wieso kann ich nicht einfach damit aufhören? Aufhören andere zu verletzen. Mich zu verletzten. Manchmal glaube ich, es gibt nur diesen einen Ausweg, denn Weglaufen hat bisher nur für Sekunden etwas gebracht. Es hat mich immer wieder eingeholt. Ich habe mich immer wieder eingeholt. Ich bin ein schlechter Mensch. Ich wende mich, ich drehe mich, ich stelle mich auf den Kopf. Aber es wird nicht gemütlicher. Ich schlafe mit Menschen, die ich nicht liebe - es ist nicht gut, es fühlt sich nicht mal gut an, danach hasse ich mich noch mehr und esse nichts. Aber vielleicht ist es genau dieser Selbsthass den ich momentan brauche um mich endlich hier irgendwo zurechtzufinden. Vielleicht tut es mir gut, mich als Schlampe zu bezeichnen, wenn ich sonst nicht weiß, wie ich mich bezeichnen soll. Es gibt mich nicht. Ich will das nicht - aber ich kann nicht nein sagen. Ich bin schwach, und ich hasse mich für diese Worte, weil ich Ausreden suche. Ich kann das nicht erklären. Aber Menschen werden nicht einfach so wie sie sind. Sie erleben Dinge. Und vielleicht können manche damit besser und gesünder damit umgehen, als Menschen wie ich, wenn man das so sagen kann. Nein - ich bin mir nicht sicher. Wie kann ich mir jemals sicher sein? 




Montag, 19. Oktober 2015

#183

ICH WILL DICH FASSEN, WILL IN DIR VERSINKEN

will alles vergessen und Nächte lang nur noch dich spüren

 

 

Kannst du dir eigentlich vorstellen, wieviel ich wegen dir die letzten Monate geheult habe?
Kann ich mir eigentlich vorstellen, wieviel du wegen mir überhaupt geweint hast?

Am Ende wird nicht alles gut - Am Ende merke ich, dass ich mir das alles nur eingebildet habe, dass ich mich nur reingesteigert habe.

Aber wieso immernoch?

Donnerstag, 15. Oktober 2015

#182

WE FOUND OURSELVES SOME TREASURE 

and threw it all away


Ich verabschiede mich vom letzten Gast. Er ist Stammgast und ich mag ihn. Darum umarmen wir uns immer, bevor er geht. Meistens ist er der letzt. Ich wünsche ihm noch eine gute Nacht, schicke ihm einen Gedanken hinterher und schließe die schwere Tür hinter ihm ab. Langsam sollte ich mich beeilen. Es war schon längst nach zwei Uhr geworden. Der PC läuft noch und spielt eine Playlist aus dem Internet ab. Ich wische eben die Tische ab, als es mich trifft. Wieder einmal. Es war kein aufregendes Lied. Es war eigentlich nichts besonderes. Nur die Akustikversion von Georg Ezra und "Blame It On Me". Doch die Wörter treffen mich. Mitten in der Bewegung erstarre ich. "What you're waiting for?", hämmert er mir in den Kopf und schluchzend sinke ich zusammen. Der Boden meiner Lieblingsbar stinkt fürchterlich - sowie meine Seele. Worauf habe ich damals gewartet? Ich sitze hier am Boden einer kleinen, verrauchten und abgestunkenen Bar. Und du? Du liegst neben ihr im Bett, hälst sie in deinen Armen, dort wo sie hingehört. Es tut weh. Es tut immernoch verdammt weh. Mein Herz es wird heilen, ich bin mir sicher. Doch es dauert so lange und es reicht ein einziges Wort und schon blutet die Narbe aufs Neue. "Blame It On Me". Zeit Heimzugehen. 


Montag, 12. Oktober 2015

#181

UND DIE SONNE WAR BLOSS DRAUFGEKLEBT

Nur der Wind weht stark wie wir es waren

 



Der Boden ist gepflastert von gelben Ahornblättern. In allen Größen bilden sie einen Teppich, eine Straße aus Gold. Ich versuche mir einen Weg zwischen den Blättern zu bahnen. Es lenkt mich ein bisschen von den wiederkehrenden trüben Gedanken ab. Die Sonne versucht noch den letzten grauen Rest aus meinem Kopf zu vertreiben, doch mein Magen meldet sich zu Wort. Hunger. Ja, hungrig bin ich, aber Appetit habe ich keinen. Die letzten Wochen habe ich es mir angewöhnt, wenn ich Mist gebaut habe, dass ich mir das Essen verbiete. So wie heute. Gestern bin ich die halbe Nacht beim schnellen Wolf im Zimmer gesessen. Wir haben uns Videos angesehen und über Gott und die Welt geredet. Mein Weinglas füllte sich fast schon wie von selbst und mein Alkoholspiegel tat es ihm gleich. Kurz nachdem die Sonne aufgegangen war, hat er mich endlich nach Hause gefahren. Es ist nichts passiert, das hätte mir gerade noch gefehlt, aber vielleicht war das schon zu viel des „Gut-Meinens“. Meine Mutter war natürlich stinksauer. Kurz und knapp hatte ich wieder mal alles verbockt, was man irgendwie verbocken konnte. Notlügen bewahrten mich dann irgendwie davor, meine Schande vor ihr zuzugeben. Aber vielleicht konnte ich einfach nur mir selber die Schande nicht eingestehen. Mein Magen meldete sich in dem Augenblick zu Wort – mein Kopf auch. Essen gibt es nur für artige Mädchen, die sich an die Regeln halten. „Und du wolltest doch sowieso abnehmen.“, flüsterte Clyde mir ins Ohr, während ich mich nicht traue auf den goldenen Blättern zu gehen und mir einen Weg außen rum bahne.  


Montag, 5. Oktober 2015

#180

UND ICH MAG WIE DU DICH BEWEGST, MAG WIE DU REDEST.

Ich mag wie du gehst und hasse wenn du gehst. 




Die CD liegt in meinen Händen. Das Rauschen des Elektromarktes wird für mich Nacht. Ich höre dieses eine Lied, obwohl die CD noch verschweißt in ihrer Hülle liegt. Ich höre dieses Lied den ganzen Tag. Während ich die CD bezahle. Während sie in meinem Rucksack liegt, wenn ich mit dem Bus in die Stadt fahre. Während sie auf dem Tresen liegt, wenn ich mein Bier trinke. Bis ich die CD wirklich einlege und dieses eine Lied realistisch wird. Du wieder realistisch wirst. Tränen. Sie hinterlassen Narben in meinem Gesicht. Du siehst sie nicht. Die Tränen. Die Narben. Keiner sieht sie. Der Junge, mit dem ich mich unterhalte, hat sich "für immer" auf den Knöchel tätowieren lassen. Natürlich nicht auf deutsch. Von diesem Moment an, ist er für mich untragbar. Seltsam, dass mich diese Worte vor allem an dich und nicht an S. erinnern. Meine Gedanken fliegen nach Graz, während ich die Nacht an mir vorbeiziehen lassen. Der Blick ruhend auf der Salzach. 
Ich wünschte ich hätte dich nie getroffen. nein. Ich wünschte ich hätte dich nie kennen gelernt. nein. Ich wünschte ich hätte dich nie geküsst. nein. Was ich mir wirklich wünschen würde, ist dass, ich die nie verletzt hätte. Ich wünschte, ich hätte von Anfang an Ja gesagt. Ich wünschte, ich hätte dich nie in Verzweiflung gebracht. Ich wünschte, ich hätte nie dein Herz gebrochen. Ich wünschte, ich hätte dich nie gehen lassen. Ich wünschte, ich könnte einfach zu dieser Bushaltestelle zurück gehen und dich wieder sehen. Nochmal von vorne beginnen. Niemals würde ich nochmal so mit dir spielen. Niemals hätte ich noch einmal eine andere Person dir vorgezogen. Wer weiß, vielleicht wäre diese Beziehung eine einzige Katastrophe gewesen. Vielleicht hätten wir uns kaputt gemacht. Aber diese Ungewissheit macht mich auch kaputt. Ich wünschte, es würde mich nicht jeden Tag etwas an dich erinnern. Ich wünschte...ja was wünsche ich mir denn? Ich wünsche mir, dass ich dich wirklich so liebe, wie ich glaube dich zu lieben. Ich wünsche mir, du würdest diesen Text hier eines Tages lesen und mir glauben. Ich wünschte, wir könnten nur ein einziges Mal diese verdammte Zeit zurück drehen, nur für diesen egoistischen Zweck. Ich wünschte...du würdest dich nach mir genauso sehnen...und bis dahin höre ich Biffy Clyrio.