Montag, 22. Juni 2015

#173

WO KOMMEN ALL DIE ZWEIFEL HER

die uns ins Herz geschlichen sind? 

 


Endlich konnte ich meinen übermüdeten Körper ins weiche Bett legen. Ich drückte meinen Körper nah an deinen ran. Es war kalt geworden. Im Juni. Erschöpfung beschreibt meinen Zustand am besten. Etwas anderes fiel mir nicht ein. Erschöpfung in jeder Faser meines Körpers. Ich war so erschöpft, dass selbst meine Stimme nur noch kratzte. Wir redeten. Du redest. Ich kratze. Ich kratze an deiner Seele. Ich kratze an deiner Liebe. Ich kratze an deinem Vertrauen. Ich habe Angst. Angst, dass ich dieses Uns auch noch verliere, obwohl ich es schon längst kaputt gemacht habe. Mein Handrücken wischt immer wieder über mein Gesicht. Ich wollte nicht weinen, doch es ließ sich nicht mehr aufhalten. Ich war zu erschöpft um das Heulen zu verhindern. Selbst das wäre zu anstrengend gewesen. Ich merke, wie du bei meinen Worten schluckst und dass du wahrscheinlich auch den Tränen nahe stehst. Mehr Worte kratzen an unsere Türen, bis ich es sage: "Ich glaube, ich bin einfach ein Mensch ohne Wert. Völlig wertlos..." Zuletzt flüstere ich nur noch. Die Tränen brennen selbst in meinen Ohren. Die Stimme kratzt jetzt auch in meinem Hals. Das Atmen fällt mir immer schwerer. Sterben. Einfach nur in diesen Bettlaken verschwinden. Ohne Spuren zu hinterlassen. Es hat mich nie gegeben. Aber, ich will ja gar nicht sterben. Ich will nur nicht mehr da sein. Keinem Menschen mehr zur Last fallen. Du greifst mich fester. Versicherst mir, dass das nicht stimmt. Dass alle anderen Menschen mich nicht zu schätzen wüssten. Dass sie dumm seien. Dass sie schlechte Menschen seien. Aber warum sind sie dann glücklich? Warum ist leben für sie dann so leicht? Warum denke ich dann so? Warum fühle ich dann so? Meine Stimme verstirbt. Ich kann nicht mehr reden. Zu viele alte Wunden wurden aufgekratzt. Ich liege hier also und bemitleide mich Schlampe selbst, während nur acht Stunden später drei Menschen auf brutale Art und Weise wirklich sterben müssen. Ich hasse mich dafür, dass ich so undankbar bin. Und ich hasse mich dafür, dass ich das schon wieder auf mich beziehe. Ich hasse einfach mich - weil ich niemanden anderen hassen kann und darf.