Samstag, 15. März 2014

#117

WHY DON'T WE JUST BUILD ANOTHER CASTLE IN THE SKY

You don't have to worry



Der Zug tuckert gleichmäßig vor sich hin und ich lehne meinen Kopf gegen das Fenster. Ich beobachte, wie die Welt da draußen an mir vorbeizieht.
Mit halb geschlossenen Augen kommt mir ein Gedanke. Es ist viel mehr ein Wunsch, als ein Gedanke. Ich stelle mir vor, wie der entschlossene Spieler und ich in seinem neuen Haus gemeinsam Zeit verbringen. Draußen ist es bereits Nacht und das Licht in dem leeren Raum, das bald der Essbereich sein wird, reicht gerade mal aus, dass wir uns sehen können. Die Dunkelheit, die durch dir große Glasfront in das Zimmer strömt, ist stärker als das Licht, das die Stehlampe spendet. Er sucht eine der Platten raus, streicht sanft darüber und geht in die Hocke. Vorsichtig legt er die schwarze Scheibe in den Plattenspieler und kommt dann zurück zu mir ans Fenster. Es knistert und die Musik beginnt zu spielen. Vielleicht von den Rolling Stones, vielleicht von Queen oder einer anderen Band, die er in seiner Jugend sehr gerne hörte und immernoch gerne hört. Ich nehme einen Schluck von meinem Glas Rotwein, bevor ich nach seiner Hand greife, die er mir entgegenstreckt. Sie fühlt sich kalt an, er hat immer kalte Hände, doch ich mag seine Hände. Ich lächle, weil ich es mag, wie er mit geschlossenen Mund grinst und die roten Stirnfransen ihm leicht ins Gesicht hängen, seine Augen blitzen dahinter mutig. Und dann nimmt er Stellung ein, ich mache verspielt einen leichten Knicks und sage irgendwas blödes, was ich immer sage und er antwortet auf meine Anspielung mindestens genauso blöd. Dann tanzen wir, ich lache, weil ich es mich amüsiert undgleichzeitig finde ich es ein bisschen befremdend, doch nicht unangenehmt. Er packt mich fester um meine Hüfte und zieht mich enger zu sich her, ich kann seinen Atem spüren und hören wie sein Herz schlägt. Wir tanzen und tanzen, witzeln blöd rum und vielleicht würden wir uns wieder küssen. Einfach so, weil wir beide gerne küssen und weil es uns gefällt. Die Nacht würde vergehen und wir sitzen beide vor der riesigen Glasfront und sehen zu, wie das Licht die Sterne frisst, während er den Arm um mich legt. 
Nein, es ist nicht so, dass ich verliebt wäre in den entschlossenen Spieler. Vielleicht ein bisschen, aber es ist ein anderes verliebt sein. Manchmal möchte ich ihm die Augen auskratzen, weil er so untreu ist. Manchmal möchte ich ihn einfach nur umarmen. Es ist die besondere Freundschaft, von der ich hoffe, dass sie uns noch lange erhalten bleibt. Es ist diese Ehrlichkeit, die so leicht zwischen uns möglich ist. Ich weiß, ich werde ihm nie so wichtig sein, wie ich er mir wichtig ist. Man könnte meinen, wenn ich nicht verliebt in ihn bin, dann wäre er ein Ersatzvater, oder zumindest ein Onkel, aber das ist es nicht. Es ist eine wahre Freundschaft, so fern es möglich ist, manchmal küssen wir uns, weil wir es gerne herausfordern. Es ist diese Art Freundschaft, die es nicht erfordert, täglich Kontakt miteinander zu haben, sondern der es ausreicht sich ein oder zweimal im Monat zu sehen und bei einem Frühstück die Welt zu ergründen oder gemeinsam nachts die Bars unsicher zu machen. 
Manchmal ist das Schicksal wirklich fies zu uns Menschen. Ich freue mich, dass er sich jetzt ein Haus gekauft hat und es den Anschein hat, dass er sesshaft wird, dass er es endlich ernst meint mit seiner Freundin, doch es bedeutet auch, dass er wirklich alt wird. Ich ärgere mich über jedes graue Haare mehr, dass ich an ihm entdecke. Warum kann ich nicht 10 Jahre älter sein oder er 10 Jahre jünger. Wäre es dann noch dasselbe? Es ist nunmal so, dass ich 21 werde und er wird 42. Wir lieben uns nicht, vielleicht ein bisschen, wir genießen nur die Begegnung miteinander und wir wissen beide nicht, wieviel Zeit uns zusammen vergönnt ist, bevor man sich auseinander lebt. 
Ich wünsche mir nur einmal mit ihm zu tanzen...auch wenn ich es nie zugeben würde.
Der Zug hält und ich steige aus. Bis auf weiteres ein Mal. 


1 Kommentar:

  1. Erstmal: immer wieder, gerade wenn du solche szenarien beschreibst, bewundere ich deine Art zu schreiben, alles zu erklären, als würde man daneben stehen. Ich danke dir, dass du mich oder überhaupt uns alle an deinen Texten teilhaben lässt.

    Ich glaube, es ist viel wert jemanden, naja sagen wir, einen Freund zu haben wie du ihn in ihm hast. Ich glaube, auch wenn es so ein Zwischending ist, salopp gesagt, dann hat es dennoch einen großen Wert. Und auch, wenn es in gewisser Weise komisch ist, dass er sich festbindet, vielleicht ist es dennoch möglich kontakt zu halten. Vielelicht labere ich auch nur Mist, aber irgendwie hat das etwas außergewöhnliches finde ich.
    Und die Was-Wäre-Wenn-Gedanken, naja, die sind hart zu denken, immer und immer wieder aber letztenendes haben sie eigentlich gar keinen Sinn, leider. Und wer weiß, vielleicht gibt es so jemanden auch in deinem Alter? Oder vielleicht gibt es jemanden, der in höherem Alter genauso zu dir passt, wenn du desselben alters bist. Wie auch immer, ich gönn dir Glück, wie auch immer du es bekommen magst. Pass auf dich auf-

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