Montag, 11. November 2013

#87

WAS HELFEN DA SCHON WÖRTER, WENN MAN DEN ANDEREN HALT NICHT KENNT?

Alles schon veschwendet, das war doch alles schon mal da

 



Sie dreht ihren Kopf demonstrativ weg. Sie kann ihn nicht ansehen. "Nun schau doch nicht immer weg, wenn wir darüber reden!", meint der entschlossene Spieler leise. Doch sie antwortet nicht, sie kann nicht hinsehen. Warum eigentlich nicht? Sie hat noch nie darüber nachgedacht, warum sie nicht hinsehen kann, wenn das Gespräch auf ihre Verletzlichkeit fällt und das tut es heute schon sehr oft. Er lässt einfach nicht locker, dabei wollte sie nur einen Ratschlag, wie sie mit ihrem Freund reden sollte. 
Sie wirft ihm einen hastigen Blick zu und dreht sich dann wieder weg. Ihre Beine wippen nervös, sie spielt mit ihrem Ring, der an ihrem rechten Ringfinger steckt. Die roten Fingernägel glänzen ungewöhnlich in der lauwarmen Novembersonne. Sie hat sich schon ewig nicht mehr die Fingernägel lackiert. Die Situation spitzt sich immer mehr und mehr zu, das war nicht zu verleugnen. Sie spürt es ganz klar und deutlich. Der Druck in ihr steigt und sie weiß nicht, wie lange sie das noch aushalten kann. Bei jedem anderen Menschen würde sie wahrscheinlich einfach aufstehen und gehen, doch sie kennt den entschlossenen Spieler schon länger und sie fühlt sich wohl in seiner Nähe, auch wenn sie sich unwohl fühlt. Er stellt ihr ein Ultimatum, dass sie ihm entweder jetzt das Geheimnis verraten solle oder es niewieder erwähnen darf, was sich aber schwierig gestaltet, weil er immer wieder damit anfängt. Ablenkung unmöglich.
Sie atmet tief ein, und nicht mehr aus, hört ihm aufmerksam zu. Immernoch mit den Beinen wippend. Wie war es soweit gekommen? Ach ja, er fragt ständig und so geschickt, dass sie jedes Mal, wenn sie versucht ihm auszuweichen, eine Antwort dadurch gibt. 
"Hat es jetzt einen psychischen oder einen physischen Grund, warum du nicht mit ihm schlafen kannst und du dir deswegen den Kopf so zerbrichst?"
Innerlich lacht sie, doch in der harten Realität, ist ihr das Lachen vergangen. 
"Irgendwie...beides." Ihre Stimme ist zu einem Flüstern geworden. Er wird es jetzt verstanden haben was sie meint. Die Außenwelt ist plötzlich wie in einem grauen Nebel gehüllt, die Geräusche sind ausgeblendet und sie kann nur noch die Birken anstarren, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Der entschlossene Spieler redet mit ihrem Hinterkopf. Sie spürt seine Blicke in ihrem Nacken. Er geht aufs Ganze. 
"Ja, hattest du einmal einen Unfall?"
"Unfall?....So ungefähr."
Pause. Eigentlich braucht es jetzt keine Worte mehr.
"Hast du dich selber verletzt?" Jetzt ist seine Stimme zu einem Flüstern geworden. Die Story ist raus. SCHEISS ADS-SCHLAMPE!
Das Wippen der Beine ist im Laufe des Gespräches auf ihren ganzen Körper übergegangen sie zittert. Das Nicken ist kaum merklich - aber ist da. Sie nickt. Ja. Hass. 
"Und das sieht man jetzt noch?"
"Jap."
Kurze knappe Antworten, das Gespräch stirbt ab. Die Sonne hat sich hinter den grauen Wolken versteckt. Haltet die Welt an, das Mädchen will aussteigen.
   
   


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