Sonntag, 1. September 2013

#70

DIE FOTOS VERBRENNEN UND DIE LIEDER ZENSIEREN

Komme was wolle, ich darf die Kontrolle nie wieder verlieren



immer wenn mein herz nach dir ruft und das chaos ausbricht in mir drinnen, schicke ich meine soldaten los, um den widerstand niederzuzwingen.


Ein gellender Schrei durchbricht die Nacht gefolgt von einem wiederholtem Geräusch. Es klang wie Blech, das man gegen eine Mauer geschlagen hatte. Das Mädchen taumelte etwas zurück, ihr war schwindelig und sie konnte das Verkehrschild, das den Fahrradweg markierte nicht mehr so richtig sehen. In ihrem Kopf pochte es und ihre Stirn schmerzte. Gelächter. Sie drehte sich ruckartig auf ihren Absätzen um und schrie ihn an, doch C l i v e ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er kam wieder auf sie zu und wollte den Arm um ihre Schulter legen. Er amüsierte sich köstlich. Doch das Mädchen hatte heute genug von ihm, von jedem Menschen in ihren verschissenen Leben, egal ob real oder nicht. Sie boxte ihn grob zur Seite und taumelte dabei selber in die Wiese. Zum Glück war es bereits zwei Uhr morgens und stockfinster, sodass keiner das Mädchen sehen konnte, wie sie da im Dunklen stand und wie hysterisch einen Unsichtbaren anschrie. Sie ging auf die Knie und schlug die Hände vors Gesicht. Lautes Schluchzen. Leises Wimmern. Lautlose Worte. 
Er war da gewesen. Auf der Discoparty ihres Vereins. Sie hatte ihn angebrüllt, ihn gepackt, er hatte sie umarmt, als dumm beschmipft. Er war da gewesen, obwohl er wusste, dass es ihr Verein war. Er war da gewesen, obwohl er wusste wie es ihr ging. Er war da gewesen und sie vergaß im Schatten des Alkohols ihr Benehmen und ihre Nerven. Sie war nie stark gewesen. Sie war gegangen und er war geblieben. Schon wieder. Hätte sie ihm in den letzten vier Jahren auch nur eine Minute des Orgasmus etwas bedeutet, so hätte er in dieser Nacht auch nur eine Sekunde an sie verschwendet und wäre zu Hause geblieben. Aber so war es nicht und so wird es nie sein. Er war da gewesen und sie war nach Hause gegangen. Er lebte und sie verschloss sich. 
Im selben Moment, als C l i v e dem Mädchen wieder hochhalf und den letzten Kilometer nach Hause begleitete, schwor sie sich, dass so etwas niewieder passieren würde. Sie dachte sie hätte sich vor anderen verschlossen, aber da gab es noch diese Winkel und Löcher, von denen sie wusste, dass sie da waren und andere so unbewusst einlud. Doch das war nun vorbei. Sie musste sich unter Kontrolle bekommen. Sie musste sich selbst beweisen können ohne den Menschen leben zu können. Sie musste aufhören sich von ihren Gefühlen leiten zu lassen.  Sie musste anfangen zu vergessen, auch wenn das zu bedeuten hatte, dass sie sich selber vergessen musste. 
Sie lag mit einer Beule am Kopf in ihrem Bett und er lag mit einer Beule in der Hose im Bett einer anderen.


4 Kommentare:

  1. Dein Leben scheint wirklich ein einziger Seelenflug zu sein.

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  2. Danke für dein Kommentar, so was rührt mich immer total zu lesen. Mir ist glaube ich gar nicht bewusst, was meine Worte bei anderen auslösen.

    Ich habe diesen Satz im Kopf gehabt, wusste aber nicht von wem er ist, aber er geistern mir dauernd irgendwo rum, also musste ich ihn mal loswerden :)

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  3. Das klingt so unfassbar schrecklich. Ich würde den Schmerz gerne von dir nehmen, wenn ich könnte. Tut deine Beule sehr weh? Ich meine, ich kenn das, Schilder können einen echt demolieren.. Ich glaube, es ist das beste, wenn du ihn vergessen kannst. Ich glaube, das könnte dir helfen irgnedwann glücklich zu werden. auch wenn es sich erstmal so anfühlt, als würdest du dich selbst damit auflösen, irgendwann wirst du dich wiederfinden, vielleicht sogar neuerfinden, je nachdem wie sich das weitere entwickelt. Nur richte dir kein Zimmer in diesem dunkeln Loch ein. Richte dir nicht die Hölle auf Erden ein, auch wenn es sich so anfühlt.

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  4. Auch ich kann dir nur viel, viel Kraft und Stärke senden. Es rührt mich, zu wissen, dass der Schmerz geteilt werden kann, du musst nicht allein mit dieser Last leben. Könnte ich dir helfen, glücklich zu werden, würde ich dir sicherlich einen Schubs in die richtige Richtung geben - vollkommen schildfrei, versteht sich.

    Bleib stark.

    Liebe Grüße
    Emaschi

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