Donnerstag, 2. Mai 2013

#28

rosalie 

is there love inside?


In-Play-Post. 




Ruhig schlug das Wasser immer wieder gegen die Felsen. Sanft strömte das Wasser an den weichen Sandstrand und wieder zurück. Das Meer rauschte in der Nacht völlig anders, als am Tage. Das Rauschen klang einen tief bis in die Ohren hinab in das Gehirn, wo es haften blieb.
Der silbrig glänzende Mond spiegelte sich im fast völlig schwarzen Wasser. Es leuchtete so, als ob dort ein Schatz tief im Inneren des Meeres versteckt wäre. Jemand, der dort all die Last des Goldes und des Silbers abgeworfen hatte, ihm zugesehen hatte, wie es langsam gleitend dem Grund entgegen tauchte. Das Glitzern des Schatzes, es machte süchtig. Und so waren schon viele Seelen dieser Sucht verfallen gewesen und diesem Glitzern, diesem Glänzen in der Nacht gefolgt. Völlig erblindet vom Glanz dieses Schatzes waren sie ihm entgegengetreten, bis sie den festen Grund unter den zarten Beinen verloren und in sich ertranken.
In der Nacht rauschte das Meer völlig anders, als am Tage. Es drang tief hinein in die Ohren bis hinab zum Gehirn, dort wo es haften blieb. Wo es sich festklammerte.
Vielleicht lag es auch daran, dass in der Nacht das Meer eine völlig andere Bedeutung erhielt, als ihm am Tage zuteil wurde. War es doch so, dass am Tage jeder aufs Meer blickte bis nach hinten zum Horizont, sich nach dieser Unendlichkeit sehnte und doch das Glück im Herzen spürte. Vielleicht hatten sie in diesem Moment noch jemanden an ihrer Seite der genau das selbe empfand, wie die Seele selbst. Und so sehnen sich schon zwei nach dieser Unendlichkeit mit diesem Gefühl der unbegrenzten Freiheit und des unbesiegbaren Glückes im Herzen, wo doch alle wussten, das spätestens beim nächsten Meer, beim nächsten unbezwingbaren Berg und bei der nächsten tiefen Schlucht, die unbegrenzte Freiheit an ihre Grenzen geraten war. Wo doch alle wussten, dass beim nächsten Todesfall, bei der nächsten Vergewaltigung und beim nächsten Krieg, das Glück schon längst kapituliert hatte.
In der Nacht rauschte das Meer völlig anders, als am Tage. Es drang tief hinein in die Ohren, tiefer immer tiefer ins Gehirn, wo es haften blieb. Sich festklammerte und immer weiter nach innen fraß. Es konnte einen wahnsinnig machen. Man stand nachts am Meer, suchte vergebens den Horizont in der Dunkelheit, denn dort wo man sonst die Unendlichkeit verspürte beim Anblick des Horizonts, wird einem nachts glasklar, dass der Horizont einem die Grenze gab, die Sicherheit die man im kurzen Leben so sehr suchte. Alles was bleibt, ist das Glitzern des Mondes auf der spiegelnden Oberfläche des Wassers, das einem magisch anzieht ins Wasser zu steigen und zu ersaufen, ist man nicht schon längst in sich selbst ertrunken. Das dröhnende Rauschen im Ohr bleibt und wird möglicherweise nur dann übertönt von den schlagenden Wellen, die plötzlich nicht mehr so friedlich klingen, schnappt man erstmals nach Luft und versucht wieder an Land zu finden. Doch das Wasser, gierig greifend nach deinem schon beinah leblosen Körper, zerrt an deiner Kraft und zieht dich immer weiter nach draußen Richtung Horizont. Das was bleibt ist de Furcht vor dieser Unendlichkeit, zu der man sich immer so hingezogen fühlte. Denn im Grunde sind wir doch alle naive Heuchler.
Das Wasser süßlich singend gegen die Felsen schwappend, schon im nächsten Augenblick einen Dolch in deinen Rachen rammt.
Es plätschert einsam und noch sanft gegen Steine, Sand und die Beine dieser Fremden. So zerbrechlich wie sie da steht und geht, könnte man meinen, jede kleinste Welle könnte sie zu Fall bringen. Selbst im Mondlicht sieht man noch wie sehr der Hunger an ihr gezerrt hat. In der Dunkelheit wirken ihre beiden Augenlichter, schwarz wie die Tiefe der See, wie zwei Löcher, gebohrt in ihrem Kopf um die Leere in ihrer Seele zu sehen. Vielleicht als Warnung, hütetet eure Kinder. Vielleicht als Ermahnung an alle Gefährten, liebet eure bessere Hälfte. Vielleicht als Zeichen der Verletzlichkeit, wir alle sind nur einsame Seelen im Wind. Einsame Seelen da draußen am Meer, die jederzeit drohen zu ertrinken,
Und so geht sie alleine, den Kopf gesenkt Richtung Boden, den Blick abgewandt vom Wasser, zu feige um sich dieser Versuchung zu stellen, einfach hinein zu waten und auf den Tod zu warten. Auf den süßen, süßen Tod, der sie erlöst von all dem Schmerz und all der Trauer, die ihr Herz in jeder schweigenden Minute immer mehr zerreißt und zerfrisst, wie ein Wurm, der sich durch das Innere ihrer Gedärme schlängelt und labt an all den jungen, frischen Blut.
Rosalie, so lautete der Name dieser einsamen Seele, wanderte nun schon seit Stunden, seit es zu dämmern begonnen hatte, den Strand auf und ab. Auf und ab. Auf und ab. Auf und ab.
Anfangs noch war sie schwer schnaufend und in einem hastigen, schnellen Trab die Strecke hin und her gelaufen. Solange bis ihr Körper fast vor dem Vergehen war und sie ihr Tempo immer weiter und weiter drosseln musste, bis sie nur noch jetzt seit Stunden auf und ab schritt. Schon leicht wankend und schwer atmend. Jeder Schritt war eine Qual für die abgemagerte Stute, und doch war es für sie eine viel größere Qual zu ertragen, dass sie heute fast fett geworden war. Ja genau, sie war fett, fett wie ein Walross. Sie könne noch nicht mal im Meer ertrinken, denn Fett blieb an der Wasseroberfläche. Und so zwang sie sich zum Ehrgeiz und knebelte ihren inneren Schweinehund und ging weiter vorwärts und vorwärts, wo jeder Schritt durch den tiefen, schweren Sand schon fast ewig zu dauern schien und ihre Knochen laut aufschreiend nach unten sacken wollten. Sich der Ruhe hingeben wollten, denn mittlerweile war es schon weit nach Mitternacht gewesen. Doch die Stute gab keine Ruhe ihren Körper zu quälen, nie würde sie Ruhe geben wolle, bis sie das Gefühl hatte perfekt zu sein. 


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