Dienstag, 29. März 2016

#208

JEDE FASER SEINES KÖRPERS SCHEINT MITTELSCHWER GESPANNT

Man wartet nur darauf, dass etwa reisst


Es gibt Dinge im Leben, die mich zurück auf den Boden holen. Die mir die Welt offenbaren, ihren Schmerz vor Augen führen, ihre Hässlichkeiten und ihren Hass. Aber diese Dinge, diese Worte machen es auf eine Art und Weise, dass ich Hoffnung daraus schöpfe. Die Hoffnung in mir finde. Ich spüre die Kraft. Sie kribbelt von meinen Beinen herauf bis in die Fingerspitzen. Ich kann es riechen. Ich schließe die Augen und fühle...mich. Und beim ersten Krach des Schlagzeuges, drehen wir alle durch. Werfen unsere Körper durch den Raum und lassen Seelen zusammenprallen. Ich stehe wieder in der ersten Reihe. Singe lauthals mit. Ich schreie. Ich schreie so laut ich kann. Die Schmerzen rausschreien. Alles was ich hasse. Mich. Der Frontman der Band kommt auf unsere Seite. Er kann schreien. Zwei Stunden lang. Mit seinen Worten, mit seinen Sinnbildern, schlägt er uns den Ekel der Welt ins Gesicht und hilft uns danach wieder hoch. Wir gehören doch alle zusammen. Er beugt sich herunter und brüllt in sein Mikrofon. Ich brülle mit. Und er sieht mich an - 20cm vor meinem Gesicht. Ich kann seine Schweißtropfen auf meiner Hand spüren. Ich kann sehen, wie sich seine Hand krampfhaft um das Mikro schließt. Und dann sieht er mir für einen Satz lang direkt in die Augen. Wir schreien zusammen: "ALLES BLEIBT KONFUS. ALLES BLEIBT KONFUS!" Die schönsten Augen der Welt, weil ich sehen konnte, dass dieser Mann seine Musik liebt, diese Texte ernst nimmt, und uns nicht als Fans ernst nimmt - sondern als Mensch. 


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