Mittwoch, 24. Februar 2016

#204

OIS WOS BLEIBT IS' DIE ERINNERUNG

Und schön longsom wird da kloar, dass nix mehr is wias woar


Wir alle verstehen nicht, warum die Sonne heute abend so sehr strahlt, als würde sie sich freuen. Der Himmel reißt sich, als wolle er uns einladen. Aber vielleicht freust du dich dort oben, dass wir alle im Wohnzimmer deiner Eltern sitzen und reden. Uns Zeit nehmen. Niemand hat heute Abend noch was vor. Und so ist es für jeden von uns selbstverständlich, als es schon dunkel geworden war, dass wir, nachdem wir uns unter Tränen verabschiedet haben, noch zu einem von uns Fahren und uns auf ein Sofa quetschen. Da sind wir noch. An die zwanzig Freunde von dir. Jeder von uns hat dich in bester Erinnerung. Jeder von uns hat Tränen in den Augen. Wir quetschen uns nicht aneinander, wir suchen die Nähe voneinander. Und zusammen sehen wir uns an die 300 Fotos an. Auf jedem bist du. Immer in deinem besten Element. Nämlich du selbst. Du hast keinen Fick auf das gegeben, was andere von dir denken. Du hast gelebt. Du hast geliebt. Du hast getanzt. Du hast das gesagt, was in deinem Kopf vorging und trotzdem noch so viele Geheimnisse gehabt. Ich liebe dich für das was du warst und immer sein wirst. 
Zusammen lachen wir über die verrückten Dinge, die du gemacht hast. Du hast Hüte geklaut, getrunken bis zum Morgen und vor allem mit uns gefeiert. Du hast uns gesagt, wir sollen uns nicht immer so den Kopf zerbrechen, sondern das Jungsein genießen. Du warst einer dieser Menschen, die im Leben nicht auch nur einmal einen bösen Gedanken hatten. Du warst ein Mensch, der so viele Menschen um so viel reicher gemacht hat, wenn du anwesend warst. Hört man, dass ich dich vermisse?
Wir sitzen da, trinken und lachen. Doch zwischen dem Lachen werden wir immer wieder stumm und irgendjemand bricht in Tränen aus. Dieses beschissene Leben ist einfach nicht fair. Du hättest das genauso gesehen, aber du hättest uns einen Shot gereicht und gesagt, dass wir jetzt darauf trinken und deswegen die Welt nicht untergehen wird. 
Ich sehe mich in de Runde um. Da sind Menschen, die ich so sehr liebe und die ich nicht verlieren möchte. Du bist ein Teil davon. Ich sollte vielmehr Zeit mit ihnen verbringen. Ich will viel mehr Zeit mit ihnen verbringen. Und falls das hier irgendjemand lesen sollte: Hör auf dir ständig den Kopf darüber zu zerbrechen, was in dich aus der Vergangenheit kaputt macht. Es gibt so viele Menschen da draußen, die dich lieben möchten oder bereits lieben, für das was du bist. Warum deine Zeit damit verschwenden zuhause zu sitzen und Trübsal zu blasen, wenn du diesen Trübsal mit deinen Freunden wegpusten kannst. Jeder Schmerz, jede Trauer, jeder noch so große Schwere wirkt nach einer Stunde mit deinen liebsten Menschen so viel kleiner. Und hört doch auf zu jammern, dass man keine Freunde finden kann. Das ist purer Bullshit. Es gibt so viele Menschen auf dieser Erde, in deiner Stadt. Warum solltest genau du keinen unter ihnen finden können, der dir nahe stehen kann? Gib ihnen diese Chance. Da sind Menschen, die auf die warten. Hab keine Scheu mehr vor Kameras. Irgendwann kommt der Moment, wo du bereust, dass du von einem geliebten Menschen nur zwei Fotos hast, wo ihr gemeinsam lacht. Gib keinen Fick mehr darauf was irgend ein möglicher Sexualpartner von dir halten könnte. Du musst so sein, wie du bist um das pure Glück der Freundschaft zu erfahren. Und ob das optimistisch, trinkfest, depressiv, zynisch oder verbittert ist, ist diesen Menschen egal. Weißt du, Freunde lieben dich. Egal wann, wieso, und wo. Sie sind für dich da. Und manchmal sind sie da, obwohl wir sie nicht wahrhaben wollen. Wir sollten dieses Glück annehmen. Es zumindest versuchen. Wir brauchen einander. Besonders in schweren Zeiten - aber auch in den besonders glücklichen. 
Und weißt du was? Ich vermisse diese Freundin. Sehr sogar. Und auch wenn ich Andreas Gabalier hasse, so weiß ich doch ganz genau: "Amoi seng ma uns wieder!"


1 Kommentar:

  1. Der Text und auch der davor hat mir ziemliche Gänsehaut gemacht. Es tut mir sehr leid für dich, für euch. Ich kann es nicht in der Form nachempfinden. Ich weiß nicht so richtig, was ich sagen soll. Ich glaube, dass traurig sein gut sein kann. Und nötig ist und vollkommen okay. Vielleicht sogar eher melancholie. Vielleicht "lernt" man daraus, wie du es im letzten Abschnitt beschreibst. Ach, ich glaube ich mach es mit jeder Beschreibung nur schlimmer. Es tut mir Leid. Ich glaube, ich bin emotional nicht intelligent genug. Ich hoffe es geht dir einigermaßen und wenn was ist, dann schreibe mir. Also wenn du reden willst vielleicht oder so.

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