UND DIE SONNE WAR BLOSS DRAUFGEKLEBT
Nur der Wind weht stark wie wir es waren
Der Boden ist gepflastert von gelben Ahornblättern. In allen
Größen bilden sie einen Teppich, eine Straße aus Gold. Ich versuche mir einen
Weg zwischen den Blättern zu bahnen. Es lenkt mich ein bisschen von den
wiederkehrenden trüben Gedanken ab. Die Sonne versucht noch den letzten grauen
Rest aus meinem Kopf zu vertreiben, doch mein Magen meldet sich zu Wort.
Hunger. Ja, hungrig bin ich, aber Appetit habe ich keinen. Die letzten Wochen
habe ich es mir angewöhnt, wenn ich Mist gebaut habe, dass ich mir das Essen
verbiete. So wie heute. Gestern bin ich die halbe Nacht beim schnellen Wolf im
Zimmer gesessen. Wir haben uns Videos angesehen und über Gott und die Welt
geredet. Mein Weinglas füllte sich fast schon wie von selbst und mein
Alkoholspiegel tat es ihm gleich. Kurz nachdem die Sonne aufgegangen war, hat
er mich endlich nach Hause gefahren. Es ist nichts passiert, das hätte mir
gerade noch gefehlt, aber vielleicht war das schon zu viel des „Gut-Meinens“.
Meine Mutter war natürlich stinksauer. Kurz und knapp hatte ich wieder mal
alles verbockt, was man irgendwie verbocken konnte. Notlügen bewahrten mich
dann irgendwie davor, meine Schande vor ihr zuzugeben. Aber vielleicht konnte
ich einfach nur mir selber die Schande nicht eingestehen. Mein Magen meldete
sich in dem Augenblick zu Wort – mein Kopf auch. Essen gibt es nur für artige
Mädchen, die sich an die Regeln halten. „Und du wolltest doch sowieso
abnehmen.“, flüsterte Clyde mir ins Ohr, während ich mich nicht traue auf den
goldenen Blättern zu gehen und mir einen Weg außen rum bahne.
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